Training mit Michael (aus Newsletter Nr. 5)

Am letzten Donnerstag hat Michael sein Training mit uns absolviert. Schade eigentlich, dass nur so wenige von uns daran teilgenommen haben, denn das Thema war doch interessant. Michael zeigte drei Partien von Kasparov, in denen dieser einen Bauern für die Initiative opferte. Alle drei Partien waren ausgesprochen interessant und lohnen eine intensive Beschäftigung. In der beigefügten Datenbank sind alle drei Partien ausführlich kommentiert.

Im einzelnen:

In Kasparov – Ivanchuk, Linares 1999, wartet Kasparov in einer bekannten Theoriestellung mit einem Bauernopfer (13.d5) auf. Für den Bauern erhalten seinen Figuren schöne Felder und sind sehr aktiv, während Schwarz ständig mit irgendwelchen Einschlägen rechnen muss. Es handelt sich insoweit um ein typisches Beispiel für Initiative als Kompensation. Es gibt keinen klaren Gewinnweg und auch keinen klaren Vorteil für denjenigen, der Material investiert hat, aber auch keine klare Möglichkeit für den Verteidiger, den Druck abzuschütteln. Letztendlich landet Kasparov in einem Endspiel, in dem er zunächst etwas ungenau spielt, um dann von der frühzeitigen und eventuell unberechtigten Aufgabe seines Gegners profitiert.

In Kasparov – Short, Sarajewo 1999, opfert Kasparov in der Eröffnung erneut einen Bauern. Short zeigt sich in der Verteidigung auf der Höhe und gibt Kasparov die Gelegenheit zu einem interessanten Figurenopfer. Erneut entsteht eine Situation wie in der zuvor beschriebenen Partie in der weder ein klarer Gewinn (Vorteil) noch eine klare Verteidigung zu finden ist. Letztendlich ist es dann Kasparov, der als erster alle Brücken hinter sich abbricht und sich mit einem Mal, bei genauester Verteidigung, in einer Verluststellung wiederfinden würde. Nicht untypisch für Partien dieser Art befinden sich allerdings bereits beide Spieler in Zeitnot und Short findet die nicht leicht zu findende Verteidigung nicht. Am Ende behält der „Meister“ erneut recht.

Als dritte Partie ist Kasparov – Anand, Linares 1999, im Angebot. Ein ähnlicher Beginn, Kasparov opfert einen Bauern für die Initiative und setzt den Inder schwer unter Druck. Er hat jede Menge Möglichkeiten, aber auch der Verteidiger hat stets eine Auswahl zwischen mehreren Zügen. Diesmal ist es Kasparov, der eine sich ihm bietende Gelegenheit (24.Db4 statt 24.e6) nicht nutzt und seinen Gegner in das Remis entschlüpfen lässt.

Partien im Chessbase-Format zum Downloaden

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