Am 03.02. und am 04.02.2018 durften wir unser Heimwochenende in der Bundesliga ausrichten. Die Veranstaltung fand in den Räumen des Seminarhauses Norderstedt statt. Am Start waren vier Mannschaften: Deutscher Serienmeister OSG Baden Baden, Speyer-Schwegenheim, unser Reisepartner Hamburger SK und wir. Ganz am Anfang möchte ich ganz großes Lob an Anke und Rüdiger aussprechen. Dank diesen beiden war es eine gelungene Veranstaltung. Alles war durchgedacht und das Ganze hat einfach gestimmt: perfekter Spielraum, Räume für die Analyse der Partien und kiebitzen via Internet, Verpflegung für die Spieler. Für die Zuschauer wurde gratis Kaffee organisiert (das habe ich tatsächlich noch in der Bundesliga nie gesehen). Extra Dank geht auch an unsere Freunde vom HSK, die den Pfad der Liveübertragung übernahmen. Das einzige, was an diesem Wochenende fehlte, war ein erster Punkt für SK Norderstedt in dieser Saison. Ich ärgere mich immer noch, weil wir mindestens einen Punkt am Sonntag aus meiner Sicht verdient haben. Aber alles die Reihe nach.
Am Samstag spielten wir gegen die Startruppe aus Baden Baden. Es war klar, dass es ein Spiel gegen 8:0 wird. Der Klassenunterschied ist sehr groß. Aber die große Herausforderung, gegen die besten Schachspieler der Welt zu spielen, nehmen wir immer gern an. So war es auch dieses Mal.
Am Brett 1 hatte Michal, für den es der erste Einsatz in dieser Saison war, Schwarz gegen den Nummer 6 der Welt Maxime Vachier-Lagrave (natürlich Nummer 1 von Frankreich). Der Franzose, der vor ein paar Tagen nur im Tiebreak gegen Levon Aronian bei dem Gibraltar Open verloren hat, spielte sehr schnell und vor allem sehr stark und verdient gewann.
Am Brett 2 spielte Lawrence gegen seinen Landsmann Michael Adams (natürlich Nummer 1 von England). Das war eine sehr gute Partie von Lawrence. Mit Weiß opferte er nach der Öffnung den Läufer für einen vielversprechenden Angriff und hatte danach fast gewonnene Stellung. Leider gelang Lawrence nicht die besten Züge in der Zeitnot zu finden. Und nach der ersten Zeitkontrolle kam es zu einem Remis durch die dreifache Stellungswiederholung.
Am Brett 3 spielte Andrei gegen der weiteren französischen Spitzengroßmeister Etienne Bacrot. In der Zeitnot fand Andrei die beste Verteidigung nicht und musste danach aufgeben.
Am Brett 4 hatte Bene mit Arkadij Naiditsch zu tun (seinerzeit noch die Euromeister 2011 mit der deutschen Nationalmannschaft; jetzt spielt Arkadij für Aserbaidschan). Noch in der Öffnung versuchte Naiditsch mit einem plötzlichen Königsangriff den Gegner zu überraschen. Die Engine sagt, dass der Angriff nicht besonders gefährlich war und Bene das angebotene Baueropfer annehmen konnte. Natürlich sieht das am Brett komplett anders aus. Ich finde, dass Bene es sehr gut machte. Obwohl Arkadij bis zum Ende seine Gewinnchancen suchte, war die Stellung immer ausgeglichen. Am Ende war es ein verdienter halber Punkt für uns.
Brett 5. Ashot gegen seinen Ex-Landsmann Sergei Movsesian. Es war natürlich sehr schwer für unseren jüngsten Spieler. Die Partie und darauffolgende Analyse war für Ashot aber bestimmt goldwert (zeitweise verstand ich nichts, weil die beiden Spieler sich auf Armenisch unterhielten 😊).
An den letzten drei Bretten verliefen die Partien ähnlich. Wir haben gekämpft, aber der Unterschied in der Spielstärke war zu groß.
Brett 6. Falko gegen den ehemaligen Weltmeister im Knockout System Rustam Kasimdzhanov aus Usbekistan. Lange konnte Falko die Stellung ausgeglichen halten. Nach guten Kampf musste er sich aber kurz von der Zeitkontrolle geschlagen geben.
Am Brett 7 spielte Thomas gegen den in Hamburg lebenden Europameister von 2011 Jan Gustafsson (an diesem Wochenende der einzige Spieler aus Baden Baden, der für Deutschland spielt). Letztes Jahr geling noch Falko gegen Jan ein sehenswertes Remis. Dieses Mal gewann Gusti gegen Thomas souverän.
Brett 8. Christian gegen Peter Heine Nielsen, den Trainer von Magnus Carlsen. Bis zum 20 Zug war die Partie ausgeglichen. Danach hatte Christian ohne Bauer lange, aber leider vergeblich, gekämpft.
Fazit: mit 1:7 waren wir ganz klar unterlegen. Nach zwei Mal mit nur halbem Punkt in unseren letzten Bundesligakämpfen gegen Baden Baden war es tatsächlich unser bestes Ergebnis gegen diese Weltauswahlmannschaft. Dass in der Bundesliga nur die Menschen und keine Roboter spielen, hat am Sonntag HSK mit einem 4:4 Hochachtungserfolg gegen Baden Baden gezeigt. An dieser Stelle mein herzlicher Glückwunsch.
Nun zum Sonntagspiel, wo wir uns einige Chancen ausrechneten. Wir verstärkten uns noch mit Michael und Emil. Und auch ich bekam meinen Einsatz an diesem Wochenende. Mit der ELO Durchschnitt von 2408 war es unsere beste Besetzung in dieser Saison. Es ist aber auch kein Geheimnis, dass in der Doppelrunde gegen HSK und uns die Gegner auch versuchen mit der bestmöglichen Aufstellung aufzutreten. So kam bei Speyer-Schwegenheim am diesem Wochenende das erste Mal in dieser Saison der GM Mykhaylo Oleksiyenko aus der Ukraine zum Einsatz am Brett 1. Gegen unseren Michal war es eine ruhige Partie und vor der ersten Zeitkontrolle einigten sich die beiden GMs auf Remis.
Am Brett 2 hat Lawrence gegen den lettischen GM Arturs Neiksans super gekämpft und als verdienten Lohn einen halben Punkt mitgenommen. Mit 1 aus 2 an diesem Wochenende ist Lawrence weiterhin auf GM-Kurs.
Brett 3. Andrei gegen den weiteren GM aus Lettland Tom Kantans. Eine sehr solide Partie von Andrei. EIn kleiner Vorteil reichte aber nicht um auf den Sieg zu spielen. Und nach der dreifachen Zugwiederholung endete auch diese Partie Remis.
1,5:1,5 auf den ersten drei Brettern. Auf den Brettern 4 bis 6 haben wir leider unsere Chancen verspielt. Am Brett 4 glich Michael gegen den dritten GM aus Lettland Nikita Meskovs nach der Eröffnung aus. Danach machte Michael leider den falschen Zug und die Partie war nicht mehr zu retten. Am Brett 5 spielte Bene wie auch am Vortag die längste Partie des Tages. Mit Weiß war er sehr gut vorbereitet und hat nach der Eröffnung Vorteil gegen den IM Luka Shutaj aus Italien. Leider hat Bene in der Zeitnot eine gute Möglichkeit des Gegners übersehen und musste die Qualität abgeben. Danach hat auch die lange Verteidigung nicht mehr geholfen. Am Brett 6 hatte Ashot das zweite Mal Schwarz an diesem Wochenende. Gegen den jungen IM Lev Yankelevich hatte Ashot in der Eröffnung zuerst die Schwierigkeiten. Und als ich schon dachte, dass das Schlechteste bereits vorbei ist, fand Ashot im Endspiel keine gute Verteidigung und verlor.
Die beste Partie des Tages spielte am Brett 7 Emil. Er überspielte mit Weiß die deutsche Auswahlspielerin WGM Sarah Hoolt in Sizilianisch. Der einzige volle Punkt des Wochenendes war gleichzeitig der erste Punkt für Emil in dieser Saison.
Auch ich konnte das erste Mal punkten. Allerdings rechnete ich mir für diese Partie mehr aus. Noch nie hatte ich in der Bundesliga, dass meine Wertungszahl größer als die meines Gegenübers war. Wie mein Gegner Simon Commercon nach der Partie sagte, war seine Aufgabe in diesem Kampf einfach nicht zu verlieren. Mit seinem 22 Zug in einer ausgeglichenen Stellung bot er mir Remis an. Zu diesem Zeitpunkt verlief noch der Mannschaftskampf nicht so schlecht für uns. Mit 0 aus 4 in dieser Saison und 25 min. für die letzten 19 Zügen wollte ich kein Risiko nehmen und nahm das Remisangebot an.
Trotz allen Bemühungen stand am Ende mit 3:5 die achte Niederlage im achten Mannschaftskampf. In der zweiten Hälfte der Saison werden wir versuchen uns weiterhin teuer zu verkaufen. Bereits am 24-25.02.2018 geht es nach Hockenheim, wo wir gegen SV Hockenheim und SV Hofheim spielen.